Aus dem Unterricht

Dichterschlacht im Deutschunterricht

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Feder und Blatt - Feder und Blatt - Poetry
Poetry

Poetry Slam das ist performte Lyrik und Kurz-Prosa, die von den Vortragskünsten der Autorin oder des Autors lebt. Nachdem der Deutsch GK sich zunächst mit Texten von Slammern wie Leticia Wahl, Sebastian 23 und Julian Heun beschäftigt und dabei den poetischen Werkzeugkasten gefüllt hatte, war es an der Zeit sich selbst an der Sprachkunst zu versuchen. Das gemeinsame Thema für den Dichterstreit war schnell gefunden, um „Natur und Umwelt“ sollte es gehen.

Hier sind drei der im Unterricht entstandenen Texte.

 

 

Donnerwetter

 

I Die Ruhe vor dem Sturm

Ein sonniger Tag und du gehst spazieren,

die Sonne scheint hell, was könnt schon passieren.

Vögel zwitschern, fliegen wild umher,

ach, solche Tage lieb ich sehr.

Mal Zeit für sich und so viel Ruh,

da verfliegt selbst ein Montag im Nu.

Jetzt noch was zu Essen, das wär‘ was Feines,

ich nehm‘ mir nen Riegel, das ist was Kleines.

Der Ausblick ist schön, man sieht fern und nah,

doch es ist kein Mülleimer da.

Drum werf‘ ich‘s Papier einfach nach hinter mir

und schon kam das Donnerwetter:

84, graues Haar und sehr viel Gemecker.

II Aufbrausen des Sturms

„Junger Mann, so geht das nicht“,

sagt sie nicht leis‘ und ganz erpicht

darauf, mich in Grund und Boden zu reden,

wie bei einem großen Beben,

doch ich bin mir keiner Schuld bewusst,

hab‘ ja nicht viel verschmutzt

und durch dieses Reden wird sich in mir eh nichts ändern,

dacht‘ ich jedenfalls,

doch dieses Gedankenboot ließ sie kentern.

 

„Stellen Sie sich vor, dass es hier so jeder macht wie Sie.

Dann wäre der Park schnell eine Mülloase,

über die jeder rümpft seine Nase

und auf der Welt gibt’s mehr Parks wie diesen,

die man mit einem Spaziergang kann genießen

und aus bloßer Unachtsamkeit verschmutzen.

 

Ja, stellen Sie sich vor, dass macht jeder auf der Welt wie Sie.

Nicht nur, dass es eh schon genug Verschmutzung gibt,

die man nicht so leicht wegkriegt.

Sie würden alles Grün zerstören

und dafür braucht man keine blühende Fantasie

oder von Alkohol einen zu viel intus

und auch wenn du denkst, die spinnt bloß,

dann hast du wenigstens für einen Moment nachgedacht

und das wars mir wert.“

 

III Schäden durch den Sturm

 

Irgendwie fange ich zu denken an

Und man hört es in mir rattern,

während über mir die Vögel flattern:

Was wäre, wenn das alles nicht wäre

und wo wäre ich dann?

Ein bisschen Müll der Natur geschenkt

sorgt noch nicht für dessen End‘.

Doch tut man ihr mehr Müll schenken

könnt‘s schnell mit dem Ökosystem enden.

Trotz der Übertreibung geb‘ ich der Frau Recht

und frage mich selbst: Wo ist das Problem?

Einfach sein Papier zu nehmen

und in den dafür vorgesehenen Behälter zu schieben,

nur um nicht meinen Komfort zu verlieren?

Ich mein, das Papier ist ja wirklich viel zu schleppen,

vor allem wenn es hochgeht irgendwelche Treppen,

bis ein Mülleimer ist in Sicht.

So wie eben, als ich wurd‘ erwischt,

denn es ist und war kein Mülleimer hier,

sodass sie kam, die Frau mit vier-

undachzig Jahren, grauem Haar

und viel Gemecker,

um mich auf mein egoistisches Verhalten aufmerksam zu machen,

denn nur zusammen kann man es schaffen,

keinen Müll mehr fallen zu lassen,

sonst gibt es nur mich und ich

und ich und mich

und ein Donnerwetter dazu.

Fabian Wachtler

 

Oben auf dem Hügel

 

 

Oben auf dem Hügel

Dort steht ein großer Birnbaum

Es ist ein zauberhafter Garten

Bewohnt von tausend Arten

So mächtig, so prächtig und so rein

Ist der Birnbaum in seinem ganzen Sein

Und selbst wenn das warme Grün seiner Blätter schwindet

So ist die Baumkrone in Dottergelb getaucht

Bis hin zu einem zarten Orange

Das kräftiger ist, als der schönste Sonnenuntergang

Und wenn die Rottöne sich wenden im Winde

Braucht der Baum eine robuste Rinde

Der kunterbunte Blättertanz

Verleiht ihm seinen Glanz

 

 

Wenn die bedrohliche Kälte über das Land zieht

Wenn alles von ewigem Weiß bedeckt ist

Dann steht der Birnbaum kahl auf seinem Hügel

Wenn die Strahlen der Sonne das Eis durchbrechen

Dann grünt er von Neuem

Wenn die Natur erwacht

Dann brennt der Birnbaum in einem Feuer der Pracht

 

 

Knospen sprießen

Blasse Blüten wachsen

An denen sich die Bienen bedienen

Und wenn die Kinder auf dem Hügel spielen

Auf den die heiße Sommersonne scheint

So spendet er ihnen Schatten

Die Vögel, die einen Ort suchen im Warmen

Lässt er Nester bauen in seinen Armen

Und einen jeden lässt er teilhaben

An der goldgrünen Frucht

Die seine schweren Äste tragen

Und so nimmt er nie ein Ende

Der ewige Kreislauf des Lebens

 

 

Oben auf dem Hügel

Dort steht ein großer Birnbaum

Der Leben einhaucht in das Land

Ein Land so schön und weit

Das eines Tages von einem Burschen betreten wird

Auf den Stamm des Baumes legt er seine Hand

Und verliert sich in des Birnbaums Schönheit

Sein Blick führt ihn den Hügel hinab

Auf einen Fluss, der sein Tal formt

Und seinen Weg ins Meer findet

So kommen ihm die Gedanken

 

 

Niemand kommt hier lebend heraus

Auch mit mir wird es zuende gehen

Doch werde ich jemals einen Baum pflanzen, auf den ich stolz sein kann?

Tag für Tag bestieg der Bursche den Hügel

Tag für Tag bewunderte er den Birnbaum

Doch er fand keine Antwort

Auf die Frage nach seinem Sinn in der Welt

Tag für Tag wird er unglücklicher

Der Birnbaum freut ihn nicht mehr

So lässt er sein Land hinter sich zurück

 

 

Der Fluss wird gerade

Tiefe Stollen hat er gegraben

Die Wälder mit uralten Riesen verschwinden

Doch es reicht ihm nicht

Er baut Fabriken, Flugzeuge, Autos

Abgase verpesten die Luft

Es qualmt, stinkt und raucht

Doch es reicht ihm nicht

Pflanzen verwelkt

Arten ausgestorben

Lebensräume zerstört

Doch es reicht ihm nicht

Der kranke Wald

Der sterbende Himmel

Das Gift der Städte

Doch es reicht ihm nicht

Die Pole geschmolzen

Die Meere ölbedeckt

Tote Tiere vollgefressen mit Plastik

Doch es reicht ihm nicht

Er führt Kriege

Er konsumiert

Er lässt Seinesgleichen verhungern

Doch es reicht ihm nicht

Müllteppiche im Meer

Fettberge am Strand

Die Wärme steigt an

Es reicht ihm nicht

Doch was hat er falsch gemacht?

So macht er kehrt

Zu jenem Hügel

Zu jenem Ort, den er hat geliebt

 

 

Oben auf dem Hügel

Dort stand einst ein Birnbaum

Kein Laut, kein Schrei

Dunkle Wolken ziehen am Himmel vorbei

Die Sonne scheint nicht

Der Wind weht nicht

Das Wasser ist jetzt brauner Schlamm

Kein Funke sprüht mehr

Leblos ist das Land

Auf das tote Holz legt er seine Hand

 

 

Gedankenlos hat er gehandelt

Dachte er wäre auserkoren

Und könnte die Welt besitzen

Wie ein Parasit, der seinen Wirt benutzt

Hat er die Natur gequält

Hat sein Leben mit Unsinn gewürzt

Und merkt es nur, wenn er selbst betroffen ist

Eines kann er nicht bezwingen:

Die Zeit, die auch für ihn vergeht

Hätte er sich nur eingefügt in diese Welt

So wie der Fluss, der sein Tal formte

Und als Strom den Weg ins Meer fand

Doch hat er sich seine eigene Gruft geschaufelt

Mit seinen unendlichen Wünschen

Auf einem endlichen Planeten

Von dem es keinen zweiten gibt

So denkt er, bis ihm eine Träne kommt

Und ihm schließlich selbst die Luft ausgeht

 

Alina Fleischer

 

 

Frieden der Natur

 

 

 

Ich sehe mich nochmal kurz um,

bevor ich mich dann doch hinsetze,

meine Augen schließe und

es einfach nur genieße.

 

Der Regen prasselt sanft auf die Blätter

und tropft von da in den Fluss.

Der Fluss fließt, mal leise, mal laut, durch sein Becken,

und ich höre Krokodile planschen und Fische plätschern.

Die vielen Vögel zwitschern, jeder in seiner eigenen Sprache,

fast wie die Menschen, vor sich her, oder miteinander.

Ich höre so viele Geräusche, dass es mir nicht möglich ist,

alle zu trennen und einzeln zu benennen.

Ich höre leises Knacken der Äste oder Schmatzen vom schlammigen Boden.

Ich glaube, das ist ein Tiger oder Jaguar, der sein Revier abläuft und sichert,

fast wie die Menschen es tun.

Ich höre das Kreischen eines Affenkindes, bevor es knackt,

und etwas Schweres dumpf auf dem Boden aufschlägt.

Das Affenkind beginnt zu weinen, bis die Mutter kommt und es beruhigt.

Fast wie bei uns Menschen.

Ich höre das Rascheln der Blätter und der Pflanzen.

Wie sie vom Wind bewegt werden, oder von den vielen verschiedenen Tieren.

 

Ich spüre, nein, ich kann fast den Wind spüren, die Rinde an meinem Rücken,

die schlammige Erde in meinen Händen.

Das Kitzeln des Grases und der Blätter an meinen Armen

und das kalte Wasser an meinen Beinen und Füßen.

Auf einmal wird der Wind stärker und der Himmel beginnt zu beben.

Es donnert und ein Blitz zuckt auf, den ich sogar durch die geschlossenen Augen sehen kann.

Nein, fast sehen kann.

 

Ich rieche die kalte, frische, regnerische Luft, die Pflanzen, die Tiere und den Fluss.

Das Holz, die Blätter, die Erde.

Die Freiheit und den Frieden der Natur.

Nein, ich kann es fast riechen.

 

 

Trotz des aufziehenden Gewitters bleibe ich sitzen.

Die Blätter des Baums werden mich schützen.

Trocken halten und sichern.

Fast wie ein Haus.

Dennoch höre ich, wie das Zwitschern der Vögel weniger wird,

das Rascheln im Unterholz verschwindet, das Kreischen der Affen leiser wird

und das Stapfen des Tigers verklingt.

Bis nur die Blätter im Wind rascheln, der Himmel bebt,

der Fluss rauscht und der Regen prasselt.

 

„Nächste Station: Bonner Hauptbahnhof.“

 

Ich nehme die Kopfhörer ab und stehe auf.

Wohlwissend, dass gleich die Menschenmassen auf mich zu rasen werden,

wie der Regen auf die Blätter.

Aber ich habe keine Wahl.

Ich muss zur Arbeit.

Die Türen öffnen sich und ich quetsche mich durch bis nach draußen.

Ich sehe mich nochmal kurz um und atme die

im Vergleich zum Wald dreckige Luft ein.

 

Ich drehe mich nochmal kurz um,

bevor ich dann doch los hetze,

meine Welt beobachte und

es einfach nur bedauere.

 

Yannick Leischner

 

 

 

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