Meinung

Kinder durch Strafe schützen?

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Anfang dieses Monats hat unsere Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) ihre Forderungen für eine härtere Bestrafung von Kindervergewaltigung und Kinderpornografie veröffentlicht. Damit sollen die Täter abgeschreckt und somit Kinder besser geschützt werden.

Dabei sehen Lambrechts Pläne unter anderem eine Novellierung unseres Strafrechts vor. Mit dem Begriff Novellierung bezeichnen Juristen die  Änderung bzw. Erneuerung eines Gesetzes. Doch wie sollen uns rein rechtliche Veränderungen helfen, an Kindern und Jugendlichen verübte Sexualstraftaten künftig besser zu verhindern?

Zum einen fordert die Bundesjustizministerin, den im Gesetzestext verwendeten Begriff „sexueller Missbrauch von Kindern“ zu ersetzen durch die Formulierung „sexualisierte Gewalt gegen Kinder“. Außerdem sollen eben diese Straftaten sowie die Verbreitung und der Besitz von Kinderpornografie nicht mehr als „Vergehen“ sondern als „Verbrechen“ gelten. Schön und gut, aber was nützen diese neuen Bezeichnungen?

Ein Kind ist keine Sache! 

Mit dem Begriff „Missbrauch“ drücken wir aus, dass wir etwas falsch oder anders als eigentlich vorgesehen benutzen. Wenn man nun annimmt, man könne Kinder „missbrauchen“, unterstellt man damit indirekt, dass man Kinder auf eine richtige Art und Weise „gebrauchen“ könnten. So eine Vorstellung wäre absurd, da Kinder keine „Gebrauchsobjekte“ sind sondern, wie alle anderen Menschen auch, Rechte und Freiheiten genießen. Durch die Entfernung des Begriffs „Missbrauch“ soll also klar gestellt werden, dass niemand Kinder zu seinem Werkzeug machen darf.

„Vergehen“ oder „Verbrechen“? 

Für einen Angeklagten macht es einen großen Unterschied, ob er wegen eines „Vergehens“ oder eines „Verbrechens“ verurteilt wird. Beim Urteilsspruch ist den Richtern ein bestimmter Ermessensspielraum gewährt. Allerdings dürfen sie das Strafmaß nicht vollkommen frei wählen, sondern müssen sich u. a. an die gesetzlichen Vorgaben des Strafgesetzbuches (StGB) halten. Laut dem StGB müssen Verbrechen mindestens mit einer einjährigen Haftstrafe bestraft werden. Hingegen kann der Richter ein Vergehen auch mit einer geringeren Haftstrafe oder sogar mit einer Geldstrafe verurteilen.

Nach Lambrechts Vorhaben müssten Straftäter, die Gewalt gegen Kinder ausüben, künftig mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu 15 Jahren rechnen. Wer Kinderpornos verbreitet, z. B. auf Internetplattformen, könnte bis zu 10 Jahre ins Gefängnis müssen. Auf den Besitz kinderpornografischen Materials stünden bis zu fünf Jahre Haft. Daneben kennt unser Strafgesetz besonders schwere Fälle der sexualisierten Gewalt gegen Kinder, z. B. wenn mehrere Täter gemeinsam eine Vergewaltigung begehen. In solchen Fällen müssen die Straftäter mindestens für zwei Jahre einsitzen.

Hilft die Strafe den Opfern? 

Ob eine härtere Bestrafung solcher Straftaten wirklich ein effektives Mittel darstellt, wird derzeit von Politikern und Juristen hitzig diskutiert.

Auf der einen Seite kann ein Straftäter immer erst dann bestraft werden, wenn er die Tat bereits begangen oder dies zumindest versucht hat. Zwar kann das richterliche Urteil das Gerechtigkeitsempfinden der Opfer und derer Angehöriger befriedigen, die Straftat selbst kann dadurch jedoch nicht ungeschehen gemacht werden.

Allerdings besteht eine wesentliche Funktion der Strafe im Allgemeinen in der Abschreckung. Jedoch werden sich durch schärfere Haftstrafen nicht alle Pädophilen, also Erwachsene die sich zu Kindern sexuell hingezogen fühlen, von Gewalt gegen Kinder abhalten lassen.

Unabhängig von der Wirksamkeit der Strafverschärfung ist es weiterhin unerlässlich, in allen Bereichen gegen Vergewaltigung von Minderjährigen vorzugehen. Besonders beim Verdacht, dass jemand aus unserem direkten sozialen Umfeld gefährdet sein könnte, müssen wir handeln und Hilfe anbieten. Denn aus eigener Kraft können sich die Betroffenen meist nicht gegen die Täter zur Wehr setzen.

 

Lorenz Holl

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